Grundsätzlicher Ansatz
Das Prinzip der Revitalisierung besteht darin, unangemessene Eingriffe in den Wasserhaushalt (z. B. Entwässerung) zu beseitigen und der Natur zu ermöglichen, sich anschließend selbst zu regenerieren. Im Wesentlichen geben wir durch die Revitalisierung Wasser in die Moore und Feuchtgebiete zurück oder versuchen sicherzustellen, dass sie kein unnötiges Wasser verlieren. Dies stoppt den Prozess der Austrocknung und Degenerierung.
Die Revitalisierungsmaßnahmen konzentrieren sich nicht nur auf entwässerte Moore und Feuchtgebiete, sondern auch auf die allgemeine Erneuerung des gestörten Wasserhaushalts in der Landschaft. Ziel ist es, die Bedingungen wiederherzustellen, die an den Standorten herrschen würden, wenn keine Entwässerung durchgeführt würde.
Wie werden Moore im Böhmerwald konkret revitalisiert?
Durchdacht
Die technische Lösung basiert auf langjähriger Erfahrung (im Böhmerwald werden Moore seit mehr als zwanzig Jahren renaturiert, in anderen Teilen der Welt sogar schon länger) und auf einer sehr detaillierten Kenntnis des bestimmten Gebietes. Es gibt keinen allgemein gültigen oder einheitlichen Plan, obwohl ähnliche Verfahren für verschiedene Lebensräume an verschiedenen Orten angewendet werden. Das Prinzip der Revitalisierung ist relativ einfach. Zunächst müssen die Entwässerungskanäle beseitigt und die natürlichen Fließgewässer in der Landschaft wiederhergestellt werden.
In entwässerten Gebieten sollte der Grundwasserspiegel angehoben sowie Wasserschwankungen und ein schnelles Abfließen verhindert werden. Feuchtgebiete werden nicht chaotisch bewässert, aber die Revitalisierung basiert auf dem „Zielwasserstandskonzept“. Dies bedeutet, dass der Grundwasserspiegel auf ein Niveau zurückgeführt wird, das dem natürlichen Zustand vor der Entwässerung entspricht. Dieses Niveau ist für jeden Moor- oder Feuchtgebietstyp unterschiedlich und daher muss jede Revitalisierung gut kalkuliert und vorbereitet sein. Beispielsweise soll in Mooren der Grundwasserspiegel wieder auf etwa 5 cm unter der Oberfläche angehoben werden, während er in Torf- und Feuchtwäldern 20 bis 30 cm niedriger ist. Die eigentliche technische Umsetzung der Revitalisierung ist jedoch in schlecht zugänglichen und abfallenden bergigen Gebieten meist recht schwierig, da nicht genügend Material vorhanden ist, um die Kanäle vollständig auszufüllen, und die Gefahr besteht, dass auch unterhalb der Verfüllung des Bodens neue Wasserabläufe entsteht.
Das Prinzip der Revitalisierung ist jedoch recht einfach. Es ist notwendig, alle noch funktionierenden Entwässerungskanäle zu blockieren, natürliche Bäche und Flüsse wiederherzustellen und, wenn möglich, die ursprüngliche „Bewegung“ des Wassers durch das Feuchtgebiet wiederherzustellen. Eine Möglichkeit, Kanäle zu blockieren, besteht darin, die Kanäle mit Holztrennwänden zu blockieren und sie dann mit Erde und natürlichem Material zu verfüllen. In abfallendem Berggelände ist es erforderlich, die Kanäle durch einen kaskadenartigen Aufbau und einer größeren Anzahl von Trennwänden zu blockieren. Nur so kann der Grundwasserspiegel über die gesamte Länge des Kanals angehoben werden. Der Zielwasserstand bestimmt zusammen mit der Neigung des Geländes, wie viele Trennwände in einem bestimmten Abschnitt des Kanals verwendet werden müssen und wo genau sie sich befinden sollten. Wir arbeiten in bergigem Gelände, daher würde das Verfüllen von Kanälen mit Erde ohne im Boden und den Ufern eingebettete Trennwände nicht ausreichen. Das Wasser hat eine große Stärke und fand oft einen Weg unter einer Kanalströmung und lief im Boden unter einer Erdschicht weiter ab. Trennwände müssen verwendet werden, da unter anderem in den revitalisierten Bereichen häufig nicht genügend Erde vorhanden ist, um die Kanäle vollständig zu verfüllen. Eine teilweise Verfüllung des Raums zwischen den Trennwänden mit Erde ist erforderlich, da dies eine Erosion und einen Bruch der Kanäle verhindert. Außerdem beschleunigt es die Versandung, also das Verfüllen mit Material und das Überwachsen mit Vegetation. Der Kanal verliert seine Entwässerungsfunktion und „verschwindet“ allmählich und verschmilzt mit der Umgebung. Blockierte Kanäle füllen normalerweise 2/3 des Volumens zwischen den Trennwänden. Ein weiterer wichtiger Schritt der Revitalisierung ist die Wiederherstellung der natürlichen Wasserbewegung im Feuchtgebiet. Der konzentrierte Wasserablauf durch Kanäle wird aufgehoben und das Wasser in das Feuchtgebiet verteilt. Ziel ist es, die natürliche Richtung der Wasserbewegung auch unter der Oberfläche wiederherzustellen. Zusammen mit der Blockierung der Kanäle werden alle kleinen (kapillaren) natürlichen Rinnen wiederhergestellt, die während der Entwässerung in den Kanalweg abgelassen wurden.
Neben Feuchtgebieten müssen auch kleine Gebirgsbäche renaturiert werden, die in der Vergangenheit reguliert wurden, d.h. die begradigt wurden und deren Bachbett vertieft wurde. In diesen Fällen soll der Wasserlauf zu seinem ursprünglichen Verlauf zurückkehren und seine natürliche Dynamik soll wiederhergestellt werden. Dies bedeutet, dass wiedr eher flacher Bäche (bis zu einer Tiefe von 30 bis 40 cm) mit unbefestigten Ufern und einer natürlicher Geomorphologie entstehen, die eine Vielzahl von kleinen Tümpeln und Untiefen in Mäanderkurven sowie flache Bachabschnitte aufweisen. Die Revitalisierung stellt nicht nur den Wasserlauf selbst wieder her, sondern auch seine Dynamik und die Verbindung mit seinem Überschwemmungsgebiet. Revitalisierte Bäche haben die Möglichkeit, durch ständigen Transport und Bewegung von Sedimenten ihr Bett und ihre Ufer dynamisch zu formen. Die Erneuerung des Überschwemmungsgebiets ist von besonderer Bedeutung für die Rückhaltung und anschließende Versickerung von Wasser nach extremen Regenfällen. Es hemmt und verlangsamt den Verlauf der Flutwelle erheblich und fängt die überfluteten Nährstoffe effektiv ein und führt sie dem Kreislauf wieder zu.
Langfristig und ganzheitlich
Entwässerungen sind sehr einfach und schnell durchzuführen. Die Verschlechterung des Biotops (Schrumpfung des Torfkörpers der Moore, Austrocknen von Feuchtgebieten, Überwachsen mit Sträuchern und Pionierwald) schreitet dann langsam voran. Mit einer Renaturierung und Revitalisierung sieht es aber schwieriger aus. Obwohl es im Grunde genommen eine einmalige Maßnahme ist, handelt es sich bei der großen Anzahl beschädigter Gebiete in der Region um einen „Langstreckenlauf“. Auf der tschechischen Seite des Böhmerwaldes werden Feuchtgebiete seit 1999 im Rahmen des langfristigen „Programms zur Revitalisierung der Feucht- und Moorgebiete im Böhmerwald“ revitalisiert, welches die technologischen Abläufe und auch die Reihenfolge der Revitalisierungsorte festlegt. Bei der Prioritätensetzung gibt es immer mehrere Überlegungen: Wie wertvoll ist das Gebiet, wie stark ist es beschädigt, wie viel kann noch gerettet werden, ist dies technisch möglich und wie kostenintensiv ist es.
Der grundlegende Ansatz besteht darin, kleine, aber möglichst zusammenhängende Einzugsgebiete zu renaturieren (Flächen, aus denen Wasser in einen bestimmten Bach fließt). Jedes Feuchtgebiet und Moor wird also nicht isoliert, sondern immer im Kontext seiner Umgebung renaturiert, mit der es durch Wasser verbunden ist.
Sensibel und rücksichtsvoll
Die Medizin darf nicht schlimmer sein als die Krankheit. Eine unsachgemäße Revitalisierung kann auch Schäden verursachen, wenn die Anfälligkeit empfindlicher wiederherzustellender Lebensräume nicht berücksichtigt wird. Daher wird der Großteil der Arbeiten bei niedrigsten Wasserständen und zu einer Zeit durchgeführt, in der seltene Tierarten, die an Feuchtgebiete gebunden sind, bereits erwachsene Jungtiere haben. Die am besten geeignete Zeit ist die zweite Hälfte des Sommers und des Herbstes, wenn z.B. die Balzzeit der Auerhühner oder Birkhühner vorbei ist, wobei Küken bereits adult sind, unabhängig werden und sich durch Störungen nicht mehr so stark beeinflussen lassen. Standorte mit seltenen Pflanzen (z. B. Orchideenarten in Feuchtgebieten) werden vorab kartiert und sorgfältig überwacht, um sicherzustellen, dass sie nicht beschädigt werden. An den empfindlichsten und unzugänglichsten Stellen wird manuell gearbeitet. Die Arbeiter sind nicht mehr als zu fünft unterwegs, um die Torfschichten nicht zu verdichten und die torfbildende Vegetation nicht zu zerstören oder die Wege nicht in neue Wasserabläufe zu verwandeln. Wenn es jedoch möglich ist (z. B. an bereits stark degradierten, trockenen und beschädigten Orten), setzen wir leichte Technik für den Materialtransport oder die Feldarbeit ein. Diese leichte Technik hat streng definierte Routen, die in der Regel nur entlang der Kanäle verlaufen. Sie hilft vor allem dabei, künstlich gestapelte Erdbänke zurück in die Kanäle zu ziehen und Dämme abzubauen.
Mit Menschen
Revitalisierungsmaßnahmen werden oft von Unternehmen in Form von Unteraufträgen durchgeführt. Aber die Menschen sind Teil der Landschaft, und viele möchten etwas Nützliches für Natur und Landschaft tun. Deshalb freuen wir uns, wenn sie sich uns anzuschließen – etwa als Freiwillige an den sog. Moor-Tagen. Vormittags arbeiten wir im Feuchtgebiet, nachmittags machen wir Ausflüge zu wunderschönen, erhaltenen Orten, wo wir gesunde Feuchtgebiete und Moore in ihrer vollen Schönheit sehen können. Freiwillige sorgen nicht nur für kosmetische Veränderungen in den Gebieten – es ist notwendig, die Dämme zu überprüfen, die durchlässigen Stellen, an denen das Wasser seinen Umweg fand, abzudichten oder die Vegetation der Feuchtgebiete in die blockierten Kanäle zurückzuführen. Das sind viele kleinere Arbeiten, sie aber von großer Bedeutung sind.